Sonntag, 28. Oktober 2012

Nicht nur Iran ein Gottesstaat Teil 2

Was unterscheidet demnach Iran und andere Staaten, wie beispielweise Saudi Arabien, Qatar oder Bahrain? Obwohl der Vergleich sehr gewagt erscheint, aber bei näherem Betrachten längst nicht so absurd wie im ersten Moment, entwickeln sich die Vereinigten Staaten von Amerika und ihr wichtigster Verbündeter im Nahen Osten, Israel, ebenfalls in die Richtung einer Theokratie. Zwar äusserst sich diese Tatsache nicht in einer anstehenden Revolution wie im Iran vor über 30 Jahren, obschon es selbst dort ein Prozess von über 50 Jahren war. Es ist ein äusserst schleichender Prozess der mit dem sogenannten "Krieg gegen den Terror" von US-Präsident George W. Bush an Fahrt gewonnen hat.
Man nehme mal nur eine kleine Statistik zur Hand: laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung im Jahr 2007 zur Frage der Hochreligiösität unter jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, bezeichnen sich 54%! der AmerikanerInnen dieser Altersgruppe als Hochreligiös. Damit liegen die USA noch VOR der Türkei (41%), Israel (39%), Italien (33%) und nur knapp hinter Marokko mit 58%. Zum Vergleich, in Deutschland und der Schweiz zählen sich nur 14% der jungen Menschen zwischen 18-29 Jahren zu den Hochreligiösen. Einer anderen Umfrage aus dem Jahr 2010 zufolge, wünschen sich 65% der Deutschen das christliche Werte in Zukunft eine grössere Rolle spielen, und nur 27% das Gegenteil.
Das soll keine Wertigkeit darstellen sondern einfach nur einen Trend festhalten.

Die religiösen Staaten von Amerika

Die Gründerväter der USA hatte mit Sicherheit eine andere Vision davon, wie das Land eines Tages aussehen sollte, verglichen mit der heutigen Glaubensfrage. Nicht umsonst hält der erste Zusatz (vom Kongress ratifiziert am 15.12.1791) der amerikanischen Verfassung fest:

"Kongress darf kein Gesetz erlassen, welches eine Religion einführt oder deren freie Ausübung verbietet..."

Der Grund dafür lag in dem Wunsch nach freier Religionsausübung egal welcher Art, ohne Angst haben zu müssen deswegen vom Staat oder sonstwem verfolgt werden zu müssen. Hätten sich die Gründerväter auf eine Staatsreligion einigen müssen, wäre das gesamte Projekt der Vereinigten Staaten vermutlich gescheitert. Weiterhin wollten die Verfasser sicherstellen, dass nicht eines Tages eine Sekte oder Religionsgemeinschaft Einzug in die Regierung erhält und so eine Theokratie begründen könnte.
Es wurde grossen Wert darauf gelegt ja keine Referenz zu irgendeiner Religion auf Regierungsebene zu erweisen, so darf beispielsweise der Glaube keine Rolle bei der Verteilung von irgendwelchen Kabinettsposten spielen.
Interessant ist es auch zu beobachten wie ein neuer Präsident vereidigt wird. In der Verfassung ist der Eid den der frischgewählte Präsident abgeben muss bereits vorgegeben: "Ich schwöre (oder gelobe) feierlich dass ich treu das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten verwalten werde, und werde nach bestem Wissen und Gewissen, die Verfassung der Vereinigten Staaten bewahren, beschützen und verteidigen."
Die Möglichkeit den Satz mit "Ich schwöre" oder "Ich gelobe" zu beginnen, wurde ebenfalls in der Absicht eingebaut dass ein Präsident sich nicht gezwungen sieht zu schwören, was eine gewisse Religiösität voraussetzen würde.
Dann gibt es aber noch den Zusatz "So help me God", also "so helfe mir Gott". Dieser Zusatz in der Vereidigung basiert nicht auf einem vorgegebenen Zusatz in der Verfassung, sondern ist ein Element das freiwillig zugeführt wurde und sich insbesondere in den letzten Jahrzehnten grösster Beliebtheit erfreut.

Was auf Regierungsebene verboten wurde, wurde aber dafür auf Bundesebene bei den verschiedenen Staaten eingeführt:

In Massachutets, einem Staat mit 6.5 Millionen Einwohnern, steht in der Verfassung unter Artikel 2 geschrieben: "Es ist das Recht als auch die Pflicht aller Menschen in der Gesellschaft, öffentlich und bei gegebenen Anlässen, das Höchste Wesen, den grossen Schöpfer und Erhalter des Universums zu verehren."

In Maryland, einem kleinen aber sehr Bevölkerungsreichen Staat mit fast 5.9 Millionen Einwohnern, steht in der Verfassung unter Artikel 37: "Es sollte kein religiöser Test jemals als Qualifikation für irgendein Ministerium dieses Staates erforderlich sein, abgesehen von einer Erklärung des Glaubens an die Existens Gottes, noch sollte der Gesetzgeber irgendeinen anderen Vereidigungsschwur vorschreiben als diesen Schwur (der) in der Verfassung vorgeschrieben ist."

In Arkansas, wo der ehemalige US-Präsident Bill Clinton herstammt, mit 3 Millionen Einwohnern, steht in der Verfassung unter Artikel 19: "Keine Person, die das Wesen eines Gottes leugnet, soll ein Amt in den zivilen Abteilungen dieses Staates halten, noch Befugt sein als Zeuge vor einem Gericht auszusagen."

(auch Bill Clinton leistete demzufolge denselben Eid ab)

 



Nachdem die einzelnen Staaten die wahre Macht innerhalb der USA darstellen, ist es dann tatsächlich so weit hergeholt wenn man sagt, dass die USA in gewisser Form nicht auch eine Art Staat Gottes darstellen? Insbesondere dann wenn man bedenkt, dass in aller Regel die US-Präsidenten sich aus Gouverneuren und Senatoren rekrutieren und dass am Anfang aller deren Karrieren dieser Schwur auf Gott erfolgte? Ist dieser Glaube, oder besser gesagt, ist dieser Schwur dem "Schöpfer des Universums" zu dienen und dem man über Jahre und Jahrzehnte befolgte, nur deshalb hinfällig weil man Präsident wurde und der Glaube zumindest auf dem Papier keine Rolle spielen darf?

Wie wichtig der Faktor "Religion" bei Präsidentschaftswahlen ist, zeigt sich auch daran wie sehr die jeweiligen Kandidaten bemüht sind die entsprechenden Religionszugehörigkeiten für sich zu gewinnen. Manchmal könnte genau die religiöse Minderheit den Ausschlag geben, um das Präsidialamt doch noch gewinnen zu können.



Nicht umsonst liess sich der republikanische Senator Christopher Shays 2005 verleiten, seine Partei als "eine Partei der Theokratie" zu beschimpfen.

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