Montag, 18. März 2013

Iran baut trotz Sanktionen sein Einflussgebiet aus

Der 11. März 2013 könnte ein Meilenstein für die Südwest-Asiatische Region bedeutet haben. Denn trotz vehementer Kritik und massiven Druck aus Washington, entschied sich Pakistan das seit 1994 geplante Projekt einer Gas-Pipeline aus dem Iran endlich voranzutreiben. Ursprünglich sollte diese Pipeline bis nach Indien verlaufen, doch nachdem Neu-Delhi sich 2009 von den USA überreden liess und vor der IAEA-Versammlung in Wien gegen den Iran stimmte, liess Teheran die bilaterale Beziehung zu Neu-Delhi vorerst auf Eis legen.

 Dabei darf denke ich nicht ausser Acht gelassen werden, dass Indien (wie auch Pakistan) über Nuklearwaffen verfügt und den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Zwar konnte der amerikanische Argwohn über das indische Atomprogramm durch einen bilateralen Vertrag 2008 etwas gemildert werden, hauptsächlich deswegen weil US-Konzerne in Indien Atomreaktoren bauen dürften und man das Land durch diesen Vertrag aus der chinesischen Einflusssphäre bringen wollte. Der militärische Teil des Atomprogramms blieb aber aussen vor. Und ausgerechnet Indien stimmte nun bei der Internationalen Atom-Energiebehörde in Wien gegen den Iran.

Mit dieser Entscheidung brachte sich Neu-Delhi in eine Zwickmühle. Zwar war der Atomenergie Vertrag von 2008 mit den USA ein riesiger diplomatischer Sieg für Indien, doch änderte dieser so gut wie gar nichts an dem dringend benötigten Energiebedarf des riesigen Landes. Noch immer leiden die Menschen und die Industrie an Stromausfällen aufgrund des Energiemangels. Und anstatt dass sich Land dem Bedarf entsprechend mit Energie aus der Liste der eigenen Lieferanten eindecken kann, muss es dem Druck Washington`s nachgeben und aus anderen Quellen beziehen. Das Problem dabei ist nur, dass die Auswahl an US-genehmen Produktionsländer äusserst beschränkt ist: teilt man dann diese Länder noch in Gas und Öllieferanten ein, bleiben nur noch Saudi Arabien und Qatar übrig.


Damit nicht genug, die Amerikaner haben ihre Pläne für die sogenannte TAPI-Pipeline nie aufgegeben, welche sie bereits in den 1990er Jahren verfolgten und mit dem Taliban-Regime fast einig waren. Diese Pipeline sollte schon damals die Strecke Turkmenistan - Afghanistan - Pakistan - Indien bedienen und wurde aktiv von der US-Regierung gestützt. Spätestens mit dem Angriff auf Afghanistan 2001 schien dieses Projekt endgültig der Vergangenheit angehört zu haben.
Mit dem Aufkommen der Iran - Pakistan - Indien Pipeline aber, geriet Washington unter Druck und sah sich mit einem Dilemma konfrontiert: entweder lässt es den Bau dieser Pipeline zu um den dringenden Energiebedarf der Alliierten im "Krieg gegen den Terror"zu decken, oder man bietet ihnen eine Alternative an. Schnell wurde das vermeintlich stillgelegte TAPI-Projekt aus der Schublade gezogen und den Indern als adäquate Alternative zum iranischen Gas angeboten.


Das Problem von TAPI ist aber seit den 1990er unverändert geblieben, nämlich die Sicherheit. Denn nach über einem Jahrzehnt Krieg in Afghanistan stehen die USA kurz davor, ihre Truppen aus dem Land abzuziehen und das Feld den Taliban zu überlassen. Das "neue" TAPI-Abkommen wurde 2012 in Turkmenistan durch die Regierungschefs von Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan unterzeichnet, Indien entsandte "nur" den Energieminister. Obwohl die USA diesesmal nicht aktiv am Projekt teilnehmen, versucht das Weisse Haus doch diplomatischen Druck aufzubauen um die Pipeline zu realisieren und so den Iran zu schwächen. Aber wie gesagt, das Problem ist das gleiche geblieben. Durch den Vertrag verpflichtete sich Afghanistan für den Schutz der Pipeline zu sorgen und soll ein 5000 Mann starkes Armeekontingent ausschliesslich zur Bewachung zur Verfügung stellen. Präsident Hamid Kharzai verkündete bereits, dass er mit den Anführern der Taliban gesprochen habe und sie "versichert haben, dass es keine Anschläge auf die Pipeline geben wird". Wieviel dieses Versprechen wert ist, wird sich zeigen. Insbesondere dann, wenn die USA ihre Präsenz tatsächlich nach dem geplanten Muster in Kabul, Herat und Kandahar (zufälligerweise auch der Verlauf der geplanten Pipeline) auch nach 2014 beibehalten werden. 

Iran baut seine Stellung trotzdem aus

Ungeachtet dieser Pläne baut Teheran seine strategischen Verbindungen in alle Richtungen aus. Nach Jahren der Verzögerungen der IPI-Pipeline (Iran-Pakistan-Indien) hat der Iran im letzten Jahr seinen Anteil von über 900 Kilometer bis zur pakistanischen Grenze fertig gebaut und hilft nun den Pakistanis, auch deren Teil fertig zu bauen und zur Hälfte auch zu finanzieren. Für die andere Hälfte hat sich bereits China angeboten mit einem Kredit auszuhelfen. Diese Entwicklung ist für die USA ein einziger Albtraum. Nicht nur dass es der Iran immer wieder schafft lukrative Deals abzuschliessen, wie beispielsweise eine Ölraffinerie für 400`000 Barrel täglich im neuen High-Tech Hafen von Gwadar/Pakistan, welcher übrigens von den Chinesen finanziert, gebaut und nun auch operativ an die chinesische Gesellschaft "Chinese Overseas Port Holdings" übergeben wurde. Auch die Tatsache dass China überhaupt mit dem Zustandekommen dieser Pipeline und deren Stützpunkt in Gwadar eine Möglichkeit erhalten hat, die US-Hegemonie auf dem Seeweg zu umgehen um den eigenen Energiebedarf somit abzusichern, stösst den Strategen in Washington sauer auf. Damit hätten sich ausgerechnet zwei der drei grössten Rivalen der USA einen Schachzug geleistet, an welchem die Amerikaner sehr zu knabbern haben werden. Nebst dem eindeutigen wirtschaftlichen Vorteil für den Iran welcher durch diese Pipeline entsteht, konnte sich Teheran auch einen Verteidigungspakt mit Islamabad einheimsen der besagt, dass Pakistan dem Iran auch militärisch zu Hilfe eilen wird sollte das Land von den USA oder Israel angegriffen werden. Wie genau aber diese Hilfe aussehen soll, ist nicht bekannt. 
Islamabad liess sich nun in der Folge auch nicht mehr durch offene Drohungen aus den USA verunsichern und liess verlauten, dass es "unter allen Umständen dieses Projekt vorantreiben wird".

In dieser Konstellation heisst der grosse Verlierer momentan Indien.  Denn durch die US-Sanktionspolitik und der Entscheidung Neu-Delhi`s zu sehr auf die amerikanische Karte zu setzen, steht sich das Land selbst im Wege seine Bedürfnisse akkurat zu decken. 
Die anderen Verlierer sind natürlich die USA und Saudi Arabien, die mit aller Macht versucht haben den Iran zu isolieren. Und beide Länder versuchen durch Unterstützung von Terroristen diese Regionen gegen die Staatsgewalt aufzuwiegeln, wie es der Fall von Baluchistan in Pakistan überdeutlich zeigt.  Immer mehr Anschläge der Terrorgruppe Lashkar-e-Jhangvi richten sich gegen die schiitische Bevölkerung in der Region Baluchistan, welche die fragile Oberhoheit der Zentralgewalt in Islamabad zu zerstören droht. Diese Gruppe folgt, ebenso wie die Taliban oder Al Qaeda, der wahhabitischen Interpretation des Islams welches aus Saudi Arabien stammt. Es ist jedoch nicht nur die Ideologie die aus Saudi Arabien stammt, sondern auch die Geldquellen der Gruppe. Wie WikiLeaks aufdeckte, beklagte sich 2009 die US-Aussenministerin Hillary Clinton darüber, dass "Geldgeber aus Saudi Arabien die grösste und wichtigste Geldquelle für sunnitische Terrorgruppierungen weltweit darstellen", genau wie Qatar, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Die USA hingegen unterstützen und finanzieren Bewegungen in Baluchistan, welche nationalistische Töne einschlagen und sich eine Loslösung von Pakistan wünschen. Auch auf iranischer Seite fördern die USA die Terrororganisation Jundullah, welche Anschläge auf iranischer Seite in der Provinz Sistan va Baluchistan verübt.
Das alles ist natürlich nicht unbedingt förderlich für eine oberflächliche Pipeline die durch genau diese Gebiete verlaufen soll.


Dass aber nun allen Widrigkeiten zum Trotz diese Pipeline gebaut und fertig gestellt wird, ist ein ausserordentlicher Erfolg für den Iran im geostrategischen Kräftemessen in der Region.

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