Montag, 13. Januar 2014

2014: das Jahr des iranischen Rakhsh

Das neue Jahr 2014 könnte eines der wichtigsten Jahre für die Islamische Republik Iran in deren noch jungen Geschichte werden. Die Zeichen stehen auf Wiedererstehung, wie einst der Phönix aus der Asche. Wer hätte das schon gedacht, als das Jahr 2013 seinen Anfang nahm und das vorherrschende Thema ein möglicher israelischer Militärschlag gegen den Iran war?
Die Welt, oder besser gesagt die betreffende Region hat sich in diesem Jahr 2013 massiv verändert, und zwar eigentlich nicht so wie es in vielen westlichen Hauptstädten geplant war. Das wir nun Anfang 2014 da stehen wo wir stehen, verdanken wir also nicht dem Umstand einer weitsichtigen Planung unserer Regierungen, sondern im Gegenteil, es ist das direkte Resultat von fehlgeleiteten Entscheidungen und Wunschvorstellungen. Um es noch deutlicher auszusprechen:

2013 war das Ende der post 9/11 Ära wo man der Meinung war durch Kriege ganze Regierungen nach Belieben abzusetzen und eine ganze Region nach einem gewissen Muster zu transformieren.

Da das Hauptziel dieses "Masterplans" dem "Regimewechsel" in Teheran galt (zuvor bereits im Irak, danach Syrien, Libyen), und dieser Plan nun grandios und unter unsäglichem Leid und Kosten gescheitert ist, hat zumindest meiner Meinung nach das Jahr 2014 auch ein iranisches mystisches Wesen als Namensgeber verdient: dem Rakhsh.
Der Rakhsh (Blitz) stammt aus dem iranischen Nationalepos "Shahname" (Buch der Könige) aus dem 10. Jahrhundert und war das Wunderpferd des Hauptakteurs Rostam aus Shahname.
 
 Seit dem 11. September 2001 befanden sich die Vereinigten Staaten von Amerika in einem extrem gefährlichen Zustand der Rache, danach des Übermuts und anschliessend purer Dummheit (man kann es effektiv nicht anders beschreiben). Zuerst der brutale Luftkrieg gegen die Taliban in Afghanistan, dann die unter allen Gesichtspunkten illegale Invasion des Iraks, die Drohnenangriffe in Pakistan, wieder Luft- und Bodeneinsätze in Afghanistan und Drohnenangriffe im Jemen, dann wieder ein brutaler Luftkrieg in Libyen, dann die geheimdienstliche Unterstützung Saudi Arabien`s für deren Glaubenskrieg in Syrien um so an das Ziel des Regimewechsels von Bashir al-Assad zu kommen. Und was hat das alles gebracht, ausser dass zwei Diktatoren (im Irak und Libyen) von der Bildfläche verschwunden sind?  Im Irak hat man sich eine blutige Nase geholt und das ganze Volk gegen sich gehetzt bis dann die Truppenverbände endlich Ende 2012 abgezogen wurden. Ziel erreicht? Weit gefehlt, die ganzen irakischen Strukturen wurden zerstört und das Land wurde zu einer neuen Brutstätte des Terrorismus.
In Afghanistan hat man zwar die verhassten Taliban und Al Qaeda anfänglich weggebombt, doch mit der Zeit haben sie sich an die neuen Verhältnisse angepasst und haben insbesondere aus der Besatzung des Landes neue Kraft und Macht wiedergewonnen. Auch hier steht der Abzug der US-Truppen für dieses Jahr an, ohne dass das Land in irgendeiner Weise von der ausländischen Besatzung profitiert hätte.
In Libyen ist ähnliches wie im Irak geschehen, auch dort wurde der Diktator wie bei einer Fuchsjagd gejagt und ermordet, während gleichzeitig die NATO-Bombenkampange die langjährigen Strukturen vernichtet haben und das Land erheblich destabilisiert wurde.
In Syrien war das Ziel der Neokonservativen Clique von Washington und Tel Aviv bereits in den 1990er Jahren ein Regimewechsel, doch erst mit dem Ruf nach mehr Demokratie von den Syrern schien hier etwas möglich zu werden. Sofort sprang zuerst Qatar und dann auch Saudi Arabien und die Türkei in die Bresche, um die so genannten "Rebellen" mit Waffen und viel Geld auszustatten um so einen "Bürgerkrieg" zu entfachen. Während die USA primär für die Propagandaarbeit und geheimdienstliche Informationen zuständig waren, verwandelte sich der "Bürgerkrieg" in einen vom Wahhabismus zweckentfremdeten Religionskrieg zwischen Wahhabiten/Sunniten und Schiiten und nun auch einen intra-konfessionellen sunnitischen Krieg. Denn wie schon einige Male in diesem Blog erwähnt (siehe hier, hier und hier) geht es den nach Syrien strömenden wahhabitischen Extremisten nicht nur um die Bekämpfung von "Ungläubigen", sondern auch um handfeste territoriale Ansprüche zur Gründung eines islamischen Kalifats. Für den amerikanischen Senator John McCain, der sich im Übrigen als Kriegstreiber einen Namen gemacht hat, war das aber noch lange kein Grund sich Sorgen zu machen. Nein, er reiste sogar nach Syrien unter dem Schutz der "Rebellen" und meinte nach seiner Rückkehr in die USA bei einer beliebten TV-Show, dass ihm sogar "Extremisten lieber wären als die Assad Regierung". Als dann noch der von westlichen Medien unglaublich aufgeblähte Giftgasangriff in Syrien im August 2013 stattfand, schien ein US-Angriff unmittelbar davor zu stehen nachdem US-Präsident Barack Obama genau solch einen Zwischenfall als "Rote Linie" bezeichnet hatte.
Doch nichts dergleichen geschah: das amerikanische Volk übte massiven Druck auf ihre Kongressabgeordnete aus weil man keine tote Soldaten sehen wollte und Russland half Obama sein Gesicht zu wahren, indem die syrischen Chemiewaffenbestände vernichtet werden sollten.

Fast gleichzeitig fand in Ägypten ein Militärputsch gegen den gewählten Präsidenten Mohammed Mursi statt, der Washington ebenfalls in eine peinliche Situation brachte nachdem Obama nur ein Jahr zuvor die Wahl des Muslimbruders Mursi begrüsst hatte. Nach einigem hin und her entschied man sich in Washington den Putsch nicht als Putsch zu bezeichnen, aber dennoch so zu handeln indem die US-Hilfe für Ägypten gestrichen wurde.

Dann ist da noch der Libanon, ein Staat an der nördlichen Grenze zu Israel wo aber Saudi Arabien politisch ebenfalls über den Hariri-Clan sehr gut vertreten ist und über die wahhabitische Ideologie immer grösseren Zulauf unter den libanesischen Salafisten verzeichnet. Der syrische Religionskrieg musste zwangsläufig auch im viel schwächeren Libanon Auswirkungen haben, zum einen weil Tausende von syrischen Flüchtlingen im Libanon Zuflucht gesucht haben und zum anderen, weil es Hezballah direkt im Libanon mit den wahhabitischen Kräften (u.a. Abdullah Azzam Brigaden) UND in Syrien zu tun hat. Am 19. November 2013 explodierte eine Bombe vor der iranischen Botschaft in Beirut, während in der letzten Dezemberwoche 2 Sprengsätze in von Hezballah dominierten Stadtteilen von Beirut Dutzende von Menschenleben forderten. Es braucht nun keinen Hellseher um die wahren Hintermänner dieser Anschläge zu ermitteln. Erst letzte Woche wurde der saudische Drahtzieher Majid Majid in Beirut verhaftet, was die Frage nach den Hintermännern beantwortet bzw. klar und überdeutlich darstellt. Damit nicht genug der saudischen Interventionen im Libanon. Wie bereits bei Ägyptens Militärputsch sichert sich Saudi Arabien auch im Libanon den politischen Einfluss mit Milliarden von US-Dollar. Interessant aber wenig überraschend ist die Art und Weise wie dieser Einfluss von statten geht; nämlich über Frankreich. Wie ich schon berichtet habe, hat sich Frankreich spätestens seit den erfolgreichen Atomverhandlungen im November 2013 zwischen den P5+1 Ländern und Iran eindeutig und für alle ersichtlich auf die Linie von Saudi Arabien und Israel geschlagen. Im Raum stehen wiederum Milliardeninvestitionen die sich Frankreich von Saudi Arabien und den anderen arabischen Scheichtümern erhofft, so auch hier im Libanon. Riad gewährt dem Libanon einen Kredit über 3 Milliarden US-Dollar, um neue Waffen ausschliesslich von den Franzosen zu kaufen, obwohl das libanesische Militär bisher mehrheitlich mit US-Waffen ausgerüstet ist. Dieser Kredit wurde natürlich nicht nur aus arabischer Bruderliebe gewährt. Riad knüpfte diesen finanziellen Zustupf an politische Bedingungen, nämlich dass in Beirut ein neues Kabinett zusammengestellt wird welche die Hezballah aussen vor lässt. Das würde bedeuten dass Saudi Arabien die Spaltung des politischen Libanons fordert, weil Hezballah in den letzten Parlamentswahlen im November zwar "nur" 12 Sitze von insgesamt 128 Sitze erreicht hat, aber aufgrund des "Doha Abkommens" von 2008 ein Veto-Recht für alle wichtigen Regierungsentscheidungen erhalten hat. Sollte der libanische Präsident Michel Sulejman tatsächlich seinen angekündigten Kurs beibehalten und die Hezballah von der künftigen Regierungsbildung ausschliessen, würde er damit direkt die schiitische Bevölkerung (40% der libanesischen Bevölkerung) des Libanons angreifen die Grösstenteils hinter Hezballah steht. Mit seinem Ausruf "Viva Saudi Arabia" hat er bereits den ersten Funken geschlagen.
Das saudische Kalkül ist ganz einfach: entweder zieht sich Hezballah aus Syrien zurück und schwächt somit das syrische Militär gegenüber den extremistischen "Rebellen", oder es wird dafür gesorgt dass die "Partei Gottes" aus der Regierung ausgeschlossen wird.

Während sich in Syrien eine klare Dominanz von wahhabitisch-salafistischen Gruppierungen innerhalb der "Rebellen" gebildet hat, welche hauptsächlich aus ausländischen Jihadisten besteht, streiten sich die Experten darüber welche Gruppierung denn nun tatsächlich die stärkste Kraft unter dem Banner der Al Qaeda ist. Dabei werden die Stimmen von den Medien unterdrückt, die behaupten dass auch Al Qaeda in den vergangenen 13 Jahren sehr viel dazugelernt hat was die Manipulation der Medien betrifft und dass das was sich in Syrien gerade innerhalb dieser wahhabitischen Fraktionen abspielt, nichts weiter als ein ausgeklügeltes Medienspektakel ist. Gemeint ist der "Kampf" zwischen ISIS (Islamic State of Iraq and Syria = Al Qaeda Irak und Jabhat al-Nusra) und anderen "Rebellengruppen". ISIS wurde im Verlauf des Jahres 2013 zur gefährlichsten und dominierenden Kraft in Syrien, sie überrannten ganze Landflächen und hielten diese unter ihrer Kontrolle, während sie gleichzeitig ein Sozialsystem installierten um die Menschen mit Lebensmitteln oder medizinischem Angebot zu versorgen.
In den letzten Wochen wird allerdings berichtet, dass die ansonsten bis aufs Blut verfeindeten Rebellengruppierungen gemeinsam gegen ISIS gekämpft haben und das erreichten, was der syrischen Armee bisher nicht gelungen ist: nämlich die Vertreibung der ISIS aus vielen Provinzen. Die wichtigsten Militärbasen der ISIS aber wurden von niemanden anderem als Jabhat al-Nusra eingenommen. Zur Erinnerung: die ISIS besteht aus Al Qaeda Irak und Jabhat al-Nusra!
Diese Darstellung passt nicht wirklich ins Bild. Es ist meiner Meinung nach ein Versuch der ISIS, das "schwarze Schaf" der Al Qaeda Irak zuzuschieben und natürlich auch die Kräfte für den Kampf im Irak zu sammeln, während Jabhat al-Nusra plötzlich als syrische nationale Rebellenfraktion zu porträtieren die sich im Kampf gegen Ausländer und Präsident Bashir al-Assad befindet.

Und immer im Hintergrund Saudi Arabien. Die Lieblingsrolle der Saudis war es in der Vergangenheit immer aus dem Hintergrund zu agieren, mit ihren Petromilliarden sich nach Belieben die Verbündeten zu kaufen oder auch den USA ihre schmutzigen Geheimoperationen zu finanzieren. Doch nachdem der sorgfältig aufgebaute Plan zum direkten US-Einsatz in Syrien gescheitert ist, sind die Saudis aus dem Hintergrund hervorgekommen und zeigen ihren Unmut in aller Öffentlichkeit. Sie brüskierten die Amerikaner aufs derbste als sie den UN-Sitz am Tag der feierlichen Übergabe ablehnten, obwohl sich Washington genau dafür massiv bei der UNO eingesetzt hatte. Hochrangige Prinzen des Al-Saud Clans machten in verschienen Zeitungsinterviews ihrem Ärger Luft und bestätigten zugleich, dass Riad nicht mehr weiter aus dem Hintergrund agieren wird. Prinz Mohammad bin Nawaf bin Abdulaziz al-Saud, der 60-jährige saudische Botschafter in London und Enkel von Ibn Saud, schrieb in der New York Times "Saudi Arabien wird es alleine machen":  "Die aussenpolitischen Entscheidungen einiger westlicher Hauptstädte riskieren die Stabilität der Region, und potentiell auch die Sicherheit der ganzen arabischen Welt. Das bedeutet dass das Königreich Saudi Arabien keine andere Wahl hat als Selbstbewusster auf der internationalen Bühne aufzutreten: entschiedener denn je für die wirkliche Stabilität unserer Region einzustehen welche es so dringend braucht."
Was der Prinz unter "Stabilität" versteht sieht man am Besten im kleinen Bahrain, wo saudische Truppen friedliche Demonstrationen brutal zerschlugen und auch innerhalb des Königreiches mit eiserner Faust gegen jegliche Stimmen vorgehen, die es wagen die saudische Innenpolitik oder das Königshaus selbst in Frage zu stellen.

Iran wird wichtig

Und was hat jetzt alles mit dem Iran zu tun mögen sich vielleicht einige Leser fragen? Diese Frage beantwortet ebenfalls ein Bericht aus der New York Times am allerbesten. Ein Bericht, der noch vor einem Jahr völlig undenkbar gewesen wäre und wahrscheinlich den Job des Journalisten Thomas Erdbrink gekostet hätte. Erdbrink schrieb in seinem Bericht "USA und Iran stehen vor einem gemeinsamen Feind bei den Unruhen im Mittleren Osten" folgenden, wirklich schon bald geschichtsträchtigen Satz der exemplarisch für die neue US-Ausrichtung in dieser Region steht:
"Mit Iran als Insel der Stabilität in einer Region geplagt von gewalttätigen Protesten, sektiererischen Zusammenstössen und Selbstmördern, sind nicht mehr viele Optionen für Washington übrig geblieben."

Iran als Insel der Stabilität, und das aus der Feder (oder besser gesagt Tastatur) eines amerikanischen Journalisten der für die New York Times arbeitet? Wie weit sind wir doch von der Aussage der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel abgerückt, die noch vor etwas mehr als einem Jahr sagte: "Wir brauchen Stabilität und Ordnung, gerade der Iran ist eine grosse Bedrohung". Mit "Stabilität und Ordnung" meinte Frau Merkel den Verkauf von deutschen Leopard II Panzern nach Saudi Arabien, der ihr aber doch noch durch den Widerstand der Opposition vermiest wurde. Aber würde die Bundeskanzlerin den Iran auch heute noch als "grosse Bedrohung" bezeichnen? Ich glaube nicht.

Die strategische Neu-Ausrichtung der Vereinigten Staaten von Amerika im Mittleren Osten findet nicht aus Sympathie gegenüber den Iranern statt. Nein, diese findet statt weil Washington im letzten Jahr endgültig festgestellt hat dass man den Kurs seit 9/11 nicht mehr länger beibehalten kann da dieser das Land finanziell völlig ausgeblutet hat. Aber auch geopolitisch ist dieser Kurs nicht mehr länger zu halten. Innerhalb der USA werden jene Stimmen immer lauter, allen voran Senator Bob Graham, die eine genauere Untersuchung von Saudi Arabiens Rolle zu den Anschlägen vom 11. September 2001 fordern. Sollte diese Untersuchung tatsächlich eines Tages erlaubt werden und würden dann die vermuteten Beweise von Saudi Arabien`s Verwicklung in die Anschläge ans Tageslicht kommen, dann wäre die Beziehung zwischen den USA und Saudi Arabien so nicht mehr länger tragbar. Das heisst aber, dass Washington einen neuen Partner in der Region braucht der über entsprechende soft power verfügt, und der Iran verfügt zweifelsohne jede Menge davon. Es ist aber mit Sicherheit falsch zu behaupten das Iran die selbe Stellung wie sie Saudi Arabien hatte, einnehmen würde oder könnte, dass weiss auch Washington.
Aber in einer Region wo kein Regime mehr sicher ist, aber die Region äusserst wichtig ist für die internationale Wirtschaft, sind die Optionen für Washington tatsächlich mehr als nur limitiert. Obwohl der Persische Golf ziemlich voll ist mit US-Militärs (5. Flotte in Bahrain, Al-Udaid Air Base in Qatar, Riyadh Air Base in Saudi Arabien, eine CIA-Drohnenbase in Saudi Arabien, Camp Arifjan in Kuwait), genügt militärische Macht alleine nicht um eine gesamte Region sicher zu stellen, erst Recht nicht, wenn die Militärs über enorme finanzielle Probleme verfügen.


Es braucht also einen Partner, einen Staat der gross genug ist und an einer strategisch wichtigen Position liegt, der mächtig genug ist diese Aufgabe übernehmen zu können und eine Art Balance in der Region wieder her- und darzustellen. Kein anderes Land als der Iran kommt dafür in Frage. Das hat übrigens bereits 2009 der ehemalige CIA-Agent Robert Baer auch in seinem Buch "The Devil we know - Dealing with the New Iranian Superpower" beschrieben und in einem Interview mit dem Handelsblatt erklärt. Auch Baer beschrieb bereits vor 5 Jahren den Iran als "Insel der Stabilität".
Diese Rolle hatte der Iran bereits schon mal inne, als der damalige US-Präsident Richard Nixon dem Iran in seiner "Twin Pillar"-Strategie die Aufgabe übergab, im Persischen Golf für Ruhe und Ordnung zu sorgen indem er den iranischen Monarchen Shah Muhammad Reza Pahlavi militärisch aufrüstete.

Egal welchen für die Nationale Sicherheit der USA wichtigen Brennherd im Nahen und Mittleren Osten man auch betrachtet, es ist immer der Iran der entweder eine positive Rolle einnehmen kann, oder aber aufgrund des Einflusses für Ärger sorgen kann. Egal ob es der Libanon ist, Syrien, Irak, Kuwait, Saudi Arabien, Qatar, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate, Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan oder Tajikistan, immer und überall macht sich der Einfluss der Iraner für die Amerikaner bemerkbar. Dieser Einfluss kann über Gruppierungen sein, über Glaubensbrüder, über Gemeinsamkeiten wie den Widerstand gegen den Zionismus oder US-Imperialismus in der Region, Nachschublinien für die NATO-Kräfte in Afghanistan, Pipelines und natürlich die geografische Nähe als Nachbar für die meisten dieser Länder.

In diesem Jahr wollen die USA die meisten Kampftruppen aus Afghanistan abziehen, doch von einer Lage der Stabilität in diesem Land kann keine Rede sein. Wie bereits 2001 wird Iran nach dem Abzug der US-Truppen eine wesentliche Rolle in Afghanistan spielen, ob mit oder ohne Washington`s Segen. Und so wie sich die politische Situation darstellt angesichts der Erfolgs und dem bisherigen Willen der US-Regierung die Atomverhandlungen mit Iran zu einem positiven Abschluss zu bringen, wird Iran`s Engagement in Afghanistan mit Wohlwollen in Washington registriert. Beide Regierungen möchten auf keinen Fall dass sich die Taliban wieder an die Macht bringen wie in den 1990er Jahren, beide möchten auch verhindern dass Pakistan eine zu dominante Rolle durch die kulturelle Nähe zu den Paschtunen einnimmt und beide wollen verhindern, dass noch mehr Drogen aus Afghanistan auf die Zielmärkte gelangen. Ohne starken Partner kann Washington weder das eine noch das andere verhindern oder erreichen.

Die Zentralasiatischen Staaten, Turkmenistan, Tajikistan, Kazachstan und mit Vorbehalt auch Uzbekistan, pflegten trotz internationaler Sanktionen enge wirtschaftliche wie auch kulturelle Beziehungen zum Iran. Die Rohrstoffreichen Länder Turkmenistan und Kazachstan haben alle das selbe Problem, nämlich den Export ihres Reichtums. Sie allen waren aufgrund ihrer sowjetischen Vergangenheit an Russland gebunden um das Öl oder das Gas zu exportieren, aber natürlich zu russischen Konditionen. Das diese natürlich weit unter den internationalen Marktpreisen liegt auf der Hand. Aufgrund ihrer geografischen Lage befinden sich diese Länder trotz ihrer enormen Erdöl- und Gasvorkommen im Nachteil, weil sie diese aufgrund fehlender internationaler Investitionen in diese Branche nicht entsprechend fördern können (weil der Transport nicht sichergestellt werden kann), obwohl es an Abnehmern in Asien nicht mangelt.


Doch nicht Erdöl oder Gas aus Zentralasien ist gefragt, die Länder können mit jede Menge anderer Rohstoffe aufwarten die man bisher nur mit erheblichem logistischen Aufwand auf die globalen Märkte bringen konnte. Aber der Verkehr ist nicht nur eine Einbahnstasse, der Iran ist zum Viertgrössten Exporteur für die Zentralasiatischen Länder geworden, und da will auch Indien natürlich mitmischen. Sehr gelegen kommt den Indern daher das neueste Projekt das aus der Not geboren entstanden ist: eine Eisenbahnlinie von Kasachstan (ab Uzen) via Turkmenistan nach Gorgan im Iran, und von da aus geht es dann ebenfalls per Bahn weiter zum Persischen Golf. Die Kosten für diese Strecke Uzen - Gorgan wurde von den Ländern selbt geschultert, aufgrund der internationalen Sanktionen.


Damit ist die Geschichte aber noch längst nicht zu Ende. Iran hat mit Indien einen Vertrag ausgehandelt um in Chabahar einen Tiefseehafen zu bauen, der die Inder gegenüber den Chinesen wettbewerbsfähiger machen soll und wird. Die Bautätigkeiten in Chabahar laufen bereits auf Hochtouren und seit der Unterzeichnung des Genfer Abkommens zwischen Iran und den Ländern des P5+1 im November, hat Indien noch mehr Personal entsandt um das Projekt voranzutreiben. Der Tiefseehafen wird der erste iranische Tiefseehafen, was natürlich auch dem Land zugute kommt. Bisher konnten nur Schiffe bis 100`000 Tonnen im Iran andocken, obwohl die modernen Containerschiffe mit 200`000 Tonnen-Ladungen die Meere durchkreuzen. Das bedeutete bisher, dass die Schiffe immer zuerst Dubai ansteuern mussten um dort die Ladung auf kleinere Frachtschiffe zu verteilen, um dann wieder den Persischen Golf in Richtung Iran zu überqueren. Dieser Umstand kostete nicht nur immens viel Geld, sondern machte den Iran auch anfällig für kleinere Repressalien der Scheichs.
Ausserdem verhandeln aktuell die Iraner mit den Indern über eine Tiefseepipeline, die Gas vom iranischen South Pars-Feld direkt nach Indien führen würde.

Es gibt noch viele ähnliche Beispiele die alle auf das gleiche hinauslaufen: Iran nimmt eine zentrale Stellung an der geostrategischen Grenze zwischen Asien, Mittleren Osten, Europa und schliesslich auch den USA ein. Davon zeugt auch die noch inoffizielle Absicht einiger EU-Länder, eine EU-Botschaft im Iran zu eröffnen, was als riesiger Fortschritt in der Beziehung zwischen der Europäischen Union und dem Iran gewertet werden darf. Aber auch das ist nur Beleg dafür, dass der politische Wind sich seit letztem Jahr gedreht hat.

Die Rolle von AIPAC
Jetzt kommt aber das grosse ABER. Zwar kann die Entwicklung in der Region, inbesondere die bilateralen Beziehungen zwischen Iran und den anderen interessierten Ländern nicht gestoppt werden, aber es wäre noch viel besser mit einer aktiven Teilnahme der USA an dieser Entwicklung. Aber genau diese könnte durch die zionistische Lobby AIPAC gestoppt werden. AIPAC hat nach der Unterzeichnun des Abkommens von Genf umgehend seine Lobbyaktivität gegen den Iran ausgeweitet und in den Senatoren Robert Menendez und Mark Kirk willfährige Instrumente gefunden, die sofort einen Gesetzesentwurf auf den Weg brachten der weitere Sanktionen und sogar US-Militärhilfe für Israel beinhaltet, sollte sich "Israel gezwungen sehen militärische Aktionen in legitimer Selbstverteidigung gegen Iran`s Nuklearwaffenprogramm vorzunehmen".
Wenn man die Zahlungen von AIPAC und anderen zionistischen Organisationen an Robert Menendez und Mark Kirk betrachtet (Mark Kirk hat in den letzten 5 Jahren fast 1 Million US-Dollar erhalten, Robert Menendez 345.000 US-Dollar), versteht man vielleicht etwas besser weshalb AIPAC über solch enormen Einfluss im Kongress verfügt.
Anhand der Reaktionen von anderen einflussreichen Senatoren die den Mehrheitsführer des Kongresses darauf hinweisen, dass dieses Gesetz die diplomatischen Bemühungen der Regierung zunichte machen würde, wie auch der Aussage einer Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, kann man aber schon erkennen dass es dem Weissen Haus durchaus Ernst ist mit der Absicht, eine gemeinsame Basis mit dem Iran für die künftige US-Politik in der Region zu finden. Aber schauen wir nochmal was die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates zu sagen hatte:
"Dieser Gesetzesentwurf ist im direkten Widerspruch zur Arbeit der Administration, die Bedenken der internationalen Gemeinschaft über Iran`s Atomprogramm friedlich zu lösen. Wir wissen dass dieser Gesetzesentwurf die internationale Gemeinschaft spalten würde, die Iraner dazu bringen würde eine härtere Haltung einzunehmen und möglicherweise die Verhandlungen zu beenden. Dieser Gesetzesentwurf hätte auch negative Auswirkungen auf das Sanktionsregime. Lasst uns nicht vergessen: Sanktionen funktionieren weil wir unsere Partner überzeugt haben die Schritte einzuleiten die wir gesucht haben. Wenn unsere Partner aber glauben dass wir nicht mehr länger ernsthaft eine ausgehandelte Lösung suchen, dann würde unser Sanktionsregime (darunter) leiden. 
Sollte der Kongress diesen Gesetzesentwurf durchlassen, unternimmt er proaktiv einen Schritt der der Diplomatie weniger Chancen auf ein Gelingen gibt. Das amerikanische Volk hat klar ausgedrückt dass sie eine friedliche Lösung in dieser Angelenheit vorziehen. Wenn gewisse Mitglieder des Kongresses möchten dass die Vereinigten Staaten militärische Aktionen einleiten, dann sollten sie vor die amerikanische Öffentlichkeit treten und dass so sagen.  Andernfalls ist es nicht klar weshalb irgendein Kongressmitglied einen Gesetzesentwurf unterstützen würde, welcher möglicherweise die Türe der Diplomatie zuschlägt und die Vereinigten Staaten dazu bringt, zwischen militärischen Optionen wählen zu müssen oder es dem Iran erlauben mit seinem Atomprogramm fortzufahren."



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