Freitag, 19. Dezember 2014

EU schiesst sich selbst ab / Teil 1

Für Analysten gibt es dieses Jahr eine Menge zu tun. Teilweise überschlagen sich die Ereignisse so schnell, dass man mit der Erfassung der statistischen Daten gar nicht hinterherkommt da die Variablen sich ebenso schnell ändern. Es geht aber nicht nur unabhängigen Analysten so, laut Aussage meiner US-Quellen geht es Mitarbeitern des US-Aussenministeriums ganz genau so.

Der Punkt ist der: wir erleben eine Machtverschiebung gigantischen Ausmasses, die nicht nur für das amerikanische Volk Auswirkungen haben wird, sondern insbesondere für uns Europäer.

Bereits am 08.06.14 habe ich geschrieben, dass wir die Geburt einer neuen Weltordnung erleben. Und in dem halben Jahr seit diesem Artikel hat sich die Welt enorm schnell weitergedreht. Während wir uns über unerwartet tiefe Preise an der Zapfsäule freuen, scheint es fast so als ob sich der Grossteil der europäischen Bevölkerung nicht im Geringsten dafür interessiert, was tatsächlich um sie herum passiert und wie kritisch die Lage geworden ist. Gerade die Deutschen sollten sich im Klaren sein, dass ihre Regierung einen gefährlichen Kurswechsel vollzogen hat und nun mit aller Macht versucht den bis vor kurzem selbst geförderten Kurs aufzuhalten und in die andere Richtung zu steuern. Das wäre ungefähr so, wie wenn der Kapitän eines Supertankers plötzlich wenden möchte. Seine Aktion würde unweigerlich unglaubliche Kräfte entfesseln die auf seinen Supertanker einwirken, ohne genau zu wissen ob die Konstruktion diesen Kräften standhalten kann und ob die Aktion überhaupt zum gewünschten Ergebnis führen wird. So ähnlich verhält es sich mit der Regierung von Angela Merkel.

Als eines der mächtigsten Länder der Europäischen Union hat Deutschland auch eine besondere Verantwortung innerhalb dieser Union zu tragen. Diesen Ansatz konnte man in den letzten Jahren nur zum Teil erkennen, denn Berlin handelte nicht primär im Interesse dieser Europäischen Union, sondern so dass die eigenen Interessen nicht verletzt wurden. Es versteht sich von selbst dass diese Politik auf Kosten der schwächeren EU-Mitglieder geschah, insbesondere jenen Ländern die den Euro eingeführt haben. Dennoch verfolgte die EU den einzig richtigen, und meiner Meinung nach überlebenswichtigen Weg der wirtschaftlichen Integration Europas mit dem Eurasischen Kontinent. Es hätte eine win-win Situation für alle Beteiligten werden können, wenn man die Voraussetzung des gegenseitigen Respekts berücksichtigt und nicht versucht hätte, aus einer Position der Macht und Arroganz zu handeln. Erste Anzeichen dieser Tendenz konnte man in der EU selbst beobachten, wie etwa in Griechenland oder Zypern.

Irgendwo auf dem Weg zu dieser eurasischen Integration muss Brüssel den Kern der Botschaft aus den Augen verloren haben, die eine bessere Zukunft für alle Beteiligten versprach indem aber die kulturellen und politischen Realitäten der potentiell neuen Partner berücksichtigt werden sollten. Plötzlich reichte es nicht mehr aus nach kreativen Wegen einer Wirtschaftsunion oder ähnlichen Gebilden mit den Ländern Eurasiens zu suchen. Nein, stattdessen versuchte Brüssel sie mit "entweder oder" Politik zu ködern und als besonderes Geschenk die NATO-Mitgliedschaft (egal in welcher Form) in Aussicht zu stellen. 

Was für einen wirtschaftlichen Wert für die Europäischen Union stellen beispielsweise Länder wie Georgien oder Moldawien dar, abgesehen von möglichen künftigen Ölquellen in Georgien? Beide Länder zusammen erwirtschafteten 2013 einen BIP von 24.06 Milliarden US-Dollar, das ist fast zehn mal weniger als was der VW-Konzern im gleichen Jahr umgesetzt hat (197 Milliarden Euro!). Schaut man aber auf die Landkarte, dann fällt einem durchaus etwas auf was für Brüssel interessant sein könnte: die Lage am Schwarzen Meer.
Für die EU in Brüssel ist das nicht unbedingt so interessant, aber für die NATO dafür umso mehr.

Die Ukraine kann man nicht wirklich in die gleiche Kategorie wie Moldawien oder Georgien einordnen. Weder kann die Ukraine mit einer eigenen nationalen Geschichte wie etwa Georgien aufwarten, noch können Georgien und Moldawien mit der strategischen Wichtigkeit der Ukraine mithalten. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten wie etwa der politische Ansatz der Europäischen Union gegenüber allen drei Ländern.

Bis vor ein paar Monaten noch war dieser politische Ansatz der EU alles andere als ein kohärentes Projekt. Man war sich uneinig darüber welcher Weg für diese "Erweiterung" in die Ukraine, Moldawien und Georgien der richtige ist. Einige euro-atlantisch zentrierten Länder wollten ohne übermässige Rücksicht auf den grössten EU-Partner Eurasiens - Russland - vorgehen, andere wiederum mit grösserem Interesse an dem eingeschlagenen Weg, darunter natürlich Deutschland, waren sich der russischen Sensibilitäten durchaus bewusst. Deshalb wurden diese Länder auch verachtlich "Gang of Five" von den Amerikanern genannt.

Als die sogenannten "Maidan"-Proteste in Kiev ausbrachen nachdem der damalige ukrainische Präsident Janukovitsch sich weigerte das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterschreiben, versuchte Deutschland die Situation im Februar 2014 zu retten. Aussenminister Frank-Walter Steinmeier wurde nach Kiev entsandt um eine Lösung zu finden, was ihm schliesslich auch gelang und ein Vertrag mit Janukovitsch unterzeichnet wurde. Was in Berlin aber niemand ahnen konnte war der Entschluss Washington`s, die Regierung zu stürzen und bereits ausgewählte Marionetten einzusetzen. Ein friedlicher Übergang wie es Steinmeier ausgehandelt hatte, war in diesem US-Plan nicht vorgesehen.

             Vitali Klitschko und Viktor Janukovitsch schütteln sich nach der Vertragsunterzeichnung die Hände

Dieser deutsche Vorstoss sollte der letzte Versuch zur Rettung des von Deutschland angeführten Weges zur eurasischen Integration werden. Denn nach diesem Versuch des deutschen Aussenministers sollte sich die deutsche Haltung plötzlich ändern und der politische Kurs genau in die entgegengesetzte Richtung folgen. Warum und wie das geschah werden wir entweder nie, oder erst in vielen Jahren erfahren wenn die entsprechenden Dokumente freigegeben werden oder wenn WikiLeaks wieder ein Coup gelingt.

Ich habe dazu eine eigene Meinung die natürlich nur auf Vermutungen und Schlussfolgerungen beruht, und nicht beweisbar ist. Dennoch möchte ich diese Mutmassung in diesem Zusammenhang äussern, da es mir als sehr wichtig erscheint und vielleicht jemanden dazu anregt, diesen Gedanken weiter zu verfolgen.

Bei diesem Versuch von Frank-Walter Steinmeier einen friedlichen und ordentlichen Abgang des ukrainischen Präsidenten zu finden, waren drei weitere Personen involviert: unser Boxdarling Vladimir Klitschko, der französische Aussenminister Laurent Fabius, sowie der polnische Aussenminister Radoslaw Sikorski. 
Meine These ist, dass Steinmeier und Fabius verraten wurden. Beide gehörten jenen Ländern an die von Washington als "Gang of Five" bezeichnet wurden, weil sie gegen einen NATO-Beitritt - oder irgendeiner NATO-Involvierung - der Ukraine waren. Der deutsche NATO-Botschafter äusserte 2008 seine Bedenken mit der Frage, ob denn die Ukraine überhaupt die Sicherheit von Europa erhöhen würde, da seiner Meinung nach es unmöglich wäre in Europa Sicherheit ohne Russland zu haben, und richtiggehend dumm, es gegen Russland aufzunehmen.
Die obskurste Rolle spielte Vladimir Klitschko. Abgesehen davon dass er in der Ukraine eine untergeordnete Rolle in der Oppositionspolitik spielte, war Klitschko weder ein politisches Schwergewicht noch irgendjemand der wirklich was zu sagen hatte. Und dennoch sass er bei den Verhandlungen zwischen Steinmeier, seinen zwei weiteren Amtskollegen und dem ukrainischen Präsidenten mit am Tisch und sollte der ausgehandelten Übergangsregierung angehören, mit klaren Ambitionen selbst in den Präsidialpalast einzuziehen. Man weiss das Klitschko im Kontakt mit dem Kanzleramt und Washington stand, und zweifelsohne wurden seine Ambitionen von Berlin und Washington abgenickt. Wie wir aber aus dem abgefangenen Telefonat zwischen der neokonservativen Leiterin der Europa-Abteilung des US-Aussenministeriums Victoria Nuland wissen, befürwortete sie einen anderen Kandidaten als Klitschko. Aus dem gleichen Telefonat wissen wir auch, dass der amerikanische Botschafter Geoffrey R. Pyatt den Auftrag von Nuland erhielt, Klitschko über diese Entscheidung zu informieren und ihm seine Stellung zuzuweisen. Das alles geschah vor der Verhandlungsrunde mit Steinmeier und Janukovitsch, was bedeutet, dass Klitschko sehr wohl wusste was im Gange ist als er sich dieser Verhandlung anschloss. Denn nur kurz nach dem Massaker durch Scharfschützen in Kiev, das nur Stunden nach der Unterzeichnung und nachweislich nicht von Janukovitsch-treuen Regierungssoldaten verübt wurde, zog Klitschko seine Unterschrift von diesem Dokument zurück und erklärte es für ungültig.

Auch die polnische Rolle erscheint bestenfalls fragwürdig. Es ist kein Geheimnis dass Polen die Maidan-Demonstranten unterstützte um dann aktiv an der Absetzung des ukrainischen Präsidenten zu arbeiten. Das heisst während Steinmeier und Fabius daran interessiert waren eine friedliche Beilegung des Konflikts zu erreichen die für alle Parteien akzeptabel (auch für Russland) sein sollte, sollte der polnische Aussenminister Sikorski dafür Sorge tragen dass a) Janukovitsch abgesetzt wird und b) keine pro-russische Linie gefahren wird. In der Folge gerieten sich Berlin und Warschau in die Haare, weil Warschau darauf drängte zusammen mit den Amerikanern einen aggressiven Weg gegenüber Russland einzuschlagen, während Berlin darauf bestand dass das NATO-Russland Abkommen von 1997 gewürdigt wird (keine "substantiellen NATO-Kampftruppen in Ost- und Zentraleuropa). Das es zu Unstimmigkeiten über den richtigen Ansatz zwischen Berlin und Warschau kam, zeigte sich zum Beispiel daran, dass Polen nicht zu den Ukraine-Gesprächen im Juli und August eingeladen wurde, die zu allem Überfluss noch in Berlin stattfanden. Der ehemalige polnische Ministerpräsident Leszek Miller kritisierte diesen ungewöhnlichen kriegerischen Kurs der Regierung von Donald Tusk scharf, und empfahl zur Rolle "der Friedensstifter zurückzukehren und nicht als Konfliktpartei" agieren.
Es ist aber auch kein Zufall, dass US-Präsident Barack Obama den "European Reassurance Fund" (Europäischer Rückversicherungsfonds, um Russland einzuschüchtern) in Warschau vorstellte und nicht in Berlin, und das vor einer eindeutigen Drohkulisse mit US-Kampfjets im Hintergrund.

                                                       Barack Obama und Donald Tusk in Warschau

Deutschland vollzieht Kurswechsel und "übernimmt" die EU-Führung
In einem Artikel des einflussreichen europäischen Think Tank`s European Council on Foreign Relations steht bezüglich Deutschland`s Ukraine Politik folgendes geschrieben:
"Berlin ist sich auch bewusst das sollte der Konflikt eskalieren, Deutschlands Rolle als Mediator stillgelegt wird und Berlin eine Seite wählen muss. Die deutsche Regierung möchte das (fast) um jeden Preis verhindern. Aber es ist genau das was sehr wahrscheinlich passieren wird. Angesichts der innenpolitischen Dynamik in der Ukraine und Russland, ist es unwahrscheinlich das eine Seite nachgibt, weil nachgeben nur zu einer Nullsummen Lösung in den rebellerienden Regionen führen würde. Diese Weigerung sich zu beugen könnte zu offenem Krieg führen und die Konsequenzen für Deutschland und die EU wären unvorhersehbar."
 Genau das ist es was auch passiert ist und einzig und allein den politischen Richtungswechsel von Angela Merkel erklären kann. Deutschland hat sich für eine Seite entschieden, und zwar für die Vereinigten Staaten von Amerika.

Das bedeutet ganz und gar nicht dass sich Deutschland zu einem amerikanischen Vasallenstaat degradiert hat, ganz im Gegenteil. Deutschland hat sich unter Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Führungsnation der Europäischen Union entwickelt. Jetzt werden bestimmt einige Kritiker anmerken dass das doch keine Neuigkeit ist, dass Deutschland doch schon lange das "Powerhouse" der EU ist und über enormen Einfluss in Brüssel verfügt. Natürlich stimmt das, aber aussenpolitisch verfolgte Deutschland eine reine nationale Aussenpolitik. Indem sich Merkel aber entschieden hat auf Konfrontation mit Russland zu setzen, weil sie offiziell zum Entschluss gekommen ist dass man dem russischen Präsidenten Vladimir Putin nicht trauen kann und ihm "Expansionsbestrebungen" vorwirft, hat sie das Ruder der europäischen Aussenpolitik übernommen. Sanktionen gegen Russland? Kein Problem, geschadet hat es bisher deutlich mehr den osteuropäischen Ländern die traditionell eine starke wirtschaftliche Bindung an Russland hatten, als es die deutsche Wirtschaft getroffen hat. Waffenlieferungen an Kriegsparteien? Seit kurzem kein Problem. Berlin liefert Waffen an irakische Kurden "für den Kampf gegen ISIS" und obwohl es im Sommer noch hiess, dass Deutschland nach dem verheerendem Gaza Überfall keine Waffen mehr an Israel liefern wird, baut man nun doch 4 Kriegsschiffe für 1 Milliarde Euro für Israel. Weil die Exporte nicht so laufen wie sie sollen heisst es, und zudem dürfen sich die deutschen Steuerzahler wieder an einem Teil der Kosten beteiligen.  Griechenland wieder pleite? Merkel will aber dass Griechenland nicht aus der Union aussteigt oder den Euro abgibt. Warum nicht? Weil es genau den Motor des deutschen "Powerhouses" treffen und eine Signalwirkung an andere "Problemländer" senden würde. Deutschland braucht den Euro und die billigen Arbeitskräfte, um die eigene Exportwirtschaft auf Kosten der anderen Länder auf Kurs zu halten, andernfalls gäbe es hier ziemlich schnell ähnliche Probleme wie in den Nachbarländern.

Indem Angela Merkel die eurasische Integration für beendet erklärt hat, muss sie sich zwangsweise nach Alternativen umsehen. Aus diesem Grund drängt die Kanzlerin auch so stark zur raschen Annahme des Transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP. Deutschland will sich wirtschaftlich und militärisch mit den USA verbünden und die Bedenken für Kriegseinsätze der Deutschen Bundeswehr, die das Leitmotiv der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung war, über Bord werfen. Bundespräsident Joachim Gauck hat selbst gesagt, dass "die Zurückhaltung die in den letzten Jahrzehnten geboten war, vielleicht zugunsten einer grösseren Wahrnehmung der Verantwortung abgelegt werden sollte". Es wäre deshalb auch erforderlich "zu den Waffen zu greifen". Bei einer anderen Gelegenheit erklärte Gauck, dass Deutschland "aufgrund der neuen Umstände Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft anpassen wird". Diese Entwicklung spielt US-Senatoren wie Bob Corker in die Hände, die einen Gesetzesentwurf (Bill 2277) vorbereitet haben, der die Gründung einer United States - German Global and European Security Working Group vorsieht, so dass beide Regierungen "eng zusammen arbeiten" angesichts der "Entwicklung in Europa und Eurasien". In der Tat wird es von den Falken der Vereinigten Staaten geradezu erwartet, dass Deutschland eine aktivere und vor allen Dingen aggressivere Rolle gegenüber der "russischen Bedrohung" übernimmt, um endlich "so zu handeln wie es ein Anführer der NATO tun sollte".
Das ist nichts weiter als ein Rezept für ein Desaster für Europa, welches tatsächlich unvorhersehbare Konsequenzen nach sich ziehen wird wie es das European Council on Foreign Relations festgestellt hat.
 
Man muss kein Fan von der Franktionsvize der Linken Sahra Wagenknecht sein, um die Worte die sie bei der Haushaltsdebatte im Bundestag letzten Monat gegen die Bundeskanzlerin gerichtet hat als das anzuerkennen was sie waren: eine Warnung gegen ihren gefährlichen Richtungswechsel. Aber schauen wir mal kurz in die Rede von Sahra Wagenknecht und beurteilen sie selbst:

"Frau Merkel, jetzt haben Sie Deutschland in die Neuauflage eines Kalten Krieges mit Russland hineingetrieben, der das politische Klima vergiftet und den Frieden in ganz Europa gefährdet. Sie haben einen sinnlosen Wirtschaftskrieg angezettelt, der vor allem der deutschen und europäischen Wirtschaft massiv schadet. ... Sie warnen vor einem Flächenbrand, Frau Merkel. Aber Sie gehören doch zu denen, die mit brennendem Zündholz herumlaufen. "Verbale Aufrüstung war noch immer der Anfang von Schlimmerem." Das hat Ihnen Hans-Dietrich Genscher nach Ihrer Rede in Sydney zugerufen. Nein, man muss Putin wirklich nicht mögen. Man muss auch den russischen Kapitalismus mit seinen Oligarchen nicht mögen. Aber Diplomatie heisst, die Interessen des Gegenübers ernst zu nehmen und sich nicht ignorant über sie hinwegzusetzen. Es fällt schon auf, dass Helmut Kohl und Michail Gorbatschow nahezu wortgleich warnen, dass ohne eine deutsch-russische Partnerschaft keine Stabilität und keine Sicherheit in Europa möglich ist. ... Statt auf Verstehen setzen Sie offenbar lieber auf Unverstand. In der Ukraine kooperieren Sie mit einem Regime, in dem wichtige Funktionen des Polizei- und Sicherheitsapparetes mit ausgewiesenen Nazis besetzt werden. Der Präsident Poroschenko redet vom totalen Krieg und hat den Krankenhäusern und Rentnern in der Ostukraine alle Zahlungen abgeklemmt. Für Premier Jazenjuk sind die Aufständischen - ich zitiere - "Unmenschen, die es auszulöschen gilt." Statt sich mit solchen Hasardeuren zu verbünden, brauchen wir endlich wieder eine deutsche Aussenpolitik, der Sicherheit und Frieden in Europa wichtiger sind als Anweisungen aus Washington."
 Ukraine bereitet sich auf totalen Krieg vor
Man muss einfach auf diesen Punkt zu sprechen kommen um den Wahnsinn besser verstehen zu können, der sich vor uns wie ein steigender Wasserpegel ausbreitet und zu überschwemmen droht. Frau Wagenknecht hat es in ihrer Rede auf den Punkt gebracht: Deutschland kooperiert mit einem Regime das mit ausgewiesenen Nazis besetzt ist. Präsident Petro Poroschenko`s Aussage des "totalen Krieges" - übrigens ein Ausdruck der u.a. von Joseph Goebbels verwendet wurde - ist keine leere Phrase oder Propagandataktik.

Am 11. Dezember wurde das Reformprogramm 2020 von Poroschenko mit 269 von 450 Stimmen vom Parlament angenommen, welches die Ukraine zu einem "Militärstaat" transformieren soll. Desweiteren wurde damit der Weg freigemacht um Ukraine zu einem NATO-Mitglied zu machen und den bisherigen Blockfreien Status abzulegen. Allein für nächstes Jahr sollen die Militärausgaben gegenüber 2014 mehr als verdoppelt werden, und das obwohl der neue Wirtschaftsminister Aivaras Abromavicius erst kürzlich gesagt hat, dass "der Staat im Grossen und Ganzen bankrott ist".
Wer bezahlt also diesen bankrotten Staat, der sich zu einem "Militärstaat" reformieren will und die ganze Wirtschaftsleistung zugunsten des Militärs umgelegt hat? Nicht nur das Budget soll auf 2015 verdoppelt werden, sondern auch die Anzahl von Soldaten soll von 132`000 Mann auf 250`000 Mann steigen, kündigte Verteidigungsminister Stepan Poltorak an. Fast gleichzeitig wurde bekannt, dass das Regime in der Nähe von Dnipropetrovsk 80 Hektar Land sucht, um Massengräber für 250`000 gefallene Soldaten auszuheben. Dass das Regime bei Dnipropetrovsk so ein riesiges Massengrab ausheben möchte ist kein Zufall, hier verläuft die Trennlinie zwischen West- und Ostukraine. Und sollte es zu einem totalen Krieg kommen wie Poroschenko sagt, dann wird es hier die meisten Opfer geben.


Die EU hat aber weder das Geld noch ein Interesse diesen ukrainischen "Militärstaat" zu finanzieren, und der Internationale Währungsfonds ist sich seiner Sache mit der Ukraine auch nicht mehr so sicher. Bliebe nur noch die USA übrig, die sich als einziges Land etwas von der Ukraine verspricht.

Nicht nur dass Washington eine Marionettenregierung in Kiev installiert hat deren Günstlinge schon seit einigen Jahren vom amerikanischen Konsulat in Kiev hofiert werden, nun sitzt Washington praktisch mit drei eigenen Leuten direkt mit in der Regierung in Kiev.
Die Amerikanerin Natalie Jaresko wurde Finanzministerin, der litauische Investmentbanker Aivaras Abromavicius mit allerbesten Kontakten zur Wall Street wurde Wirtschaftsminister, und der Georgier Aleksandr Kvitashvili Gesundheitsminister. Alle drei erhielten kurz vor der Vereidigung die ukrainische Staatsbürgerschaft, um verfassungskonform ihrer neuen Aufgabe nachgehen zu können.

Jaresko arbeitete zuerst im US-Aussenministerium bevor sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Kiev ging um dort für drei Jahre in der US-Botschaft tätig zu werden. Anschliessend wurde sie mit Hilfe des vom amerikanischen Steuerzahler finanzierten USAID selbst zur Privat Equity Unternehmerin, als sie ein "Startkapital" über 150 Millionen US-Dollar erhielt um in der Ukraine und Moldawien in kleine bis mittelgrosse Unternehmen zu finanzieren.
Abromavisius` Rolle als Wirtschaftsminister wird sein, dafür Sorge zu tragen dass amerikanische Grosskonzerne wie Monsanto oder John Deere in der Ukraine die am Hungertuch leidende Bevölkerung weiter ausnutzen, indem amerikanische Werke aufgebaut werden und deren Produkte dann dank des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union ohne Probleme in die EU eingeführt werden können. Es reicht nur einen Blick auf den Exekutivrat des U.S.-Ukraine Business Council mit Sitz in Washington zu werfen, um zu verstehen wohin die Reise unter dem Litauer in der neuen ukrainischen "Regierung" gehen wird.
Kvitashvili war bereits von 2008 - 2010 Gesundheitsminister in Georgien unter einer weiteren Marionettenregierung der USA, jener von Mikhail Saakashvili. Er wird vermutlich schon über die notwendige Expertise verfügen um dieses Amt auch in der Ukraine auszuüben, aber er weiss auch was von einer Marionettenregierung erwartet wird wie der US-Israelisch gesponserte georgische Überfall 2008 auf Süd-Ossetien gezeigt hat (für alle die nach wie vor denken dass es eine "russische Aggression" war bzw. es heute so mit Blick auf die Ukraine behauptet wird, sollen das Ergebnis der Untersuchungskommission des EU-Rates durchlesen: der Aggressor war eindeutig Georgien!). 

So hart und brutal das jetzt auch klingen mag, zur Erfüllung dieser amerikanischen Interessen in der Ukraine ist eine latente Krisensituation erwünscht und auch förderlich, denn zur Ausbeutung der ukrainischen Bevölkerung brauchen diese Konzerne genau die restriktiven Sparmassnahmen sowie eine Wirtschaft die am Boden liegt, um sich billigste Arbeitskräfte sowie Konzessionen zum Abbau von Rohmaterial zu sichern. Hier verlaufen die Interessen der US-Wirtschaft und US-Politik parallel zueinander. Die vom US-Kongress verabschiedete Resolution 758 ist zwar kein bindendes Gesetz, aber dennoch wird es als eine Art Kriegserklärung an Russland gewertet. Grund dafür sind die Behauptungen und Propaganda der letzten Wochen und Monate die nie bewiesen bzw. immer als Falschmeldungen entlarvt wurden, nun aber vom Kongress als Tatsachen anerkannt wurden und somit entsprechend in der weiteren Planung des Weissen Hauses berücksichtigt werden müssen (in dieser Resolution wird zum Beispiel auch festgehalten dass Russland der Aggressor im 2008 Krieg mit Georgien war, obwohl wie weiter oben schon genannt eine EU-Untersuchungskommission genau zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen ist). Zudem wird Russland in dieser Resolution aufgefordert, die Militärhilfen für den syrischen Präsidenten Assad einzustellen sowie sich von den russischen Enklaven von Süd-Ossetien und Abchasien zurückzuziehen. Desweiteren plant Barack Obama den Ukraine Freedom Support Act 2014 zu unterzeichnen, der weitere Sanktionen gegen Russland und Geld sowie Kriegsgerät für die Ukraine vorsieht. Interessanterweise haben es Elemente aus der Resolution 758 in diesen Ukraine Gesetzesentwurf geschafft, wie etwa die Aufforderung zur Aufgabe der militärischen Ausrüstung von Syrien durch Russland, oder die unbewiesenen Vorwürfe sowie die gesetzliche Verankerung der "nuklearen Bedrohung für die Vereinigten Staaten durch Russland". Desweiteren soll der staatliche Gazprom Konzern sanktioniert werden, wenn er Gaslieferungen an NATO-Länder sowie der Ukraine, Moldawien und Georgien aussetzt. Das bedeutet wenn das Regime in Kiev wieder mal die Gasrechnung nicht bezahlen will und Gazprom den Hahn zudreht, wird es automatisch zu amerikanischen Sanktionen führen. Die Belieferung der Ukraine mit Kriegsmaterial läuft nicht erst seit der Verabschiedung dieses Gesetzes, sondern schon seit mindestens Mitte September. Es soll jetzt nur legalisiert werden was schon seit einiger Zeit im Geheimen gemacht wird. Aber es ist alles Beteiligten klar, dass diese Forderungen völliger Unsinn sind die Russland mit Sicherheit weder beachten noch einhalten wird. Wenn man so will sind es legalisierte Fallen um schliesslich der Welt glaubhaft versichern zu können, dass sich Russland nicht an Resolutionen oder Gesetze hält und deshalb weitere Konsequenzen zu befürchten hat.

Am 3. März diesen Jahres habe ich geschrieben, dass es in der Geschichte immer wieder bankrotte Staaten gab die Krieg führten, um sich hinterher wieder sanieren zu können. Weiter schrieb ich:
"Die Frage würde dann sein: würden sich die USA und die EU daran beteiligen? Heute würde ich diese Frage mit Nein beantworten. ... Insbesondere im Falle Deutschlands kann man sich schlicht und ergreifend nicht vorstellen, dass Berlin einen Krieg einer mit Nazis besetzten Regierung unterstützen würde."
 Leider muss ich meine Einschätzung revidieren. Ich gehöre sicher nicht zu der Kategorie Panikmacher, aber das was in den letzten 9 Monaten seit diesem Artikel alles passiert ist und insbesondere die politische Entwicklung in Washington und Berlin, hat in der Tat die Wahrscheinlichkeit vor unvorhersehbaren Ereignissen in Europa drastisch erhöht. Der totale Krieg wie ihn Petro Poroschenko formuliert hat und sein Land ganz offensichtlich darauf vorbereitet, ist alles andere illusorisch. Vor allen Dingen ist die Tatsache äusserst verstörend, wie Gesetzesentwürfe von solcher enormer Tragweite wie den Ukraine Freedom Support Act 2014 ohne jegliche Debatte - ohne dass überhaupt einer der Abgeordneten durchgelesen hat worum es eigentlich geht wie der ehemalige Kongressabgeordnete Dennis Kuchinich dokumentiert hat - durch den Kongress gebracht werden, so dass sich unweigerlich Vergleiche mit dem Buch Die Schlafwandler - Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog von Christopher Clark aufdrängen.

Zu dem Zeitpunkt als der Gesetzesentwurf 5899 zur Ukraine dem Kongress zur Vorlage und Abstimmung abgegeben wurde, befand sich so gut wie kein Abgeordneter mehr auf seinem Platz wie Dennis Kuchinich dokumentiert hat



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