Dienstag, 2. Dezember 2014

Iran steht besser da

Was hat man in den letzten Tagen seit der Ankündigung über die Verlängerung der Atomverhandlungen mit dem Iran nicht alles lesen können: Iran habe kapituliert; USA haben kapituliert; Europa lässt sich auf der Nase herumtanzen; weshalb überhaupt weiterverhandeln wenn man sich nicht einmal auf einen Grundsatz einigen kann; gut das kein schlechter Deal unterzeichnet wurde und die Zeit jetzt genutzt werden soll um das ganze iranische Atomprogramm zu schliessen; und noch vieles vieles mehr.

Diese Sensationsmeldungen habe alle ein gemeinsames Merkmal: die Realität über die internationale Anerkennung des iranischen Atomprogramms sowie die Aufnahme des Irans in das westliche System zu verschleiern.

Das die Verhandlungen nun bis zum Sommer 2015 ausgedehnt wurden bedeutet nicht zwangsläufig dass man bis zum letzten Tag warten wird um ein Ergebnis präsentieren zu können. Der letzte Termin vom 24. November war einfach zu kurz angesetzt - wenn auch nicht unmöglich - um die Wünsche und Vorstellungen von 7 Ländern unter einen Hut zu bringen, und dabei noch Rücksicht auf die enormen subversiven Einmischungsversuche durch die Israelis und Saudis zu nehmen. Obwohl wir nicht wissen können was genau passiert ist, kann man doch davon ausgehen dass ein gemeinsamer Konsens nicht weit entfernt war. Die offiziellen Reaktionen insbesondere aus dem Iran und den USA deuten daraufhin, dass der Wille zur Einigung vorhanden ist und man aussergewöhnlich stark bemüht ist, ein positives Klima zu versprühen.
Auch die von den USA dominierte Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte dass das Genfer Abkommen vom November 2013 eingehalten wird.

Was aber nicht berichtet wird und auch nicht unmittelbar mit den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm zu tun hat, ist die diplomatische Entwicklung prinzipiell zwischen Washington und Teheran. Das Atomprogramm war nicht das Problem und erst recht nicht die angebliche Gefahr die vom Iran ausgeht. Das waren alles nur künstliche Probleme die in der Hauptsache von Israel benutzt und ausgenutzt wurde um die eigene Politik im Mittleren Osten durchzusetzen.
Das Problem war, dass es keinerlei diplomatische Kontakte zwischen Washington und Teheran seit 1979 gab, als es zu der verhängnisvollen Besatzung der US-Botschaft in Teheran kam. Wenn überhaupt, kommunizierte man ausschliesslich über Mittelsmänner und anderen diplomatischen Vertretern, was Tür und Tor für alle diejenigen öffnete, die diese Situation für sich nutzen wollten (aussen- wie auch innenpolitisch).

Auch wenn es andere Umstände waren die letztendlich zu den Atomverhandlungen geführt haben, was zählt ist dass die diplomatische Eiszeit zwischen Washington und Teheran gebrochen ist. Was auf beiden Seiten für über drei Jahrzehnte völlig undenkbar war, ist innerhalb von nur ein paar Monaten zu einem normalen Bild geworden: der amerikanische Aussenminister spricht mit seinem iranischen Amtskollegen in einer offensichtlich lockeren Atmosphäre. Egal was bei den Verhandlungen rauskommt, diese psychologische Barriere wurde gebrochen und kann nicht mehr so schnell rückgängig gemacht werden. Natürlich kann damit die Animosität der letzten 35 Jahre nicht einfach so zurückgestellt werden, Hardliner auf beiden Seiten werden versuchen zu ihrem gewohnten
Status Quo zurückzukehren. Aber dieser Versuch wird viel schwieriger werden als es vorher der Fall war. Denn egal ob in Washington oder Teheran, der Mythos des Grauens über den jeweils anderen (der auf amerikanischer Seite sehr viel ausgeprägter war als im Iran) hat einen Teil seiner Wirkung definitiv verloren.

Ausserdem spielen geopolitische Entwicklungen eine nicht weniger wichtige Rolle in dem Wunsch, sich den Iran wieder zum Partner machen. Es wird zwar mit Sicherheit keine enge Partnerschaft wie zu Zeiten des Shah`s werden, was mehr Schaden anrichten als irgendeinen Nutzen bringen würde, aber aufgrund der Tatsache dass der Iran das grösste und stabilste Land in einer ansonsten sehr volatilen Region sowie nebst Israel die technologisch am weitesten entwickelte Nation ist, wird es ohne den Iran (und ohne Saudi Arabien) nicht gehen ein gewisses Mass an Ordnung für die selbst herbeigeführte Unordnung halten zu können.
Egal auf welche Seite man sich dreht, Teheran wird in den letzten Monaten geradezu mit Lobpreisungen überschüttet, zuletzt aus Italien. Beim Besuch der iranischen Umweltministerin Masoumeh Ebtekar in Rom, sagte die italienische Parlamentssprecherin Laura Boldrini der Iran "spielt eine führende Rolle für die regionale Stabilität".

Angesichts dieser positiven Entwicklung kann keine Rede davon sein dass der Iran "kapituliert" hat oder sonstwie schlechter dasteht als zuvor. Die Realität spricht eine andere Sprache. Es ist an der Zeit dass sie auch die Ewiggestrigen verstehen.

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