Donnerstag, 25. August 2016

Aleppo: Krieg um unsere Herzen

Das Bild des kleinen syrischen Jungen Omran Daqneesh ging um die Welt. Wie er augenscheinlich verletzt, verstört und verängstigt auf einem orangenen Sitz eines Krankenwagens sitzt. Wer sich nebst dem Foto, das in unzähligen Zeitungen groß auf der jeweiligen Titelseite gezeigt wurde, noch das dazugehörige Video angeschaut hat, sieht dort wie Omran, umringt von dutzenden Männern mit Waffen und Kameras, zum Krankenwagen getragen wird und auf diesen orangenen Sitz gesetzt wird. Wo sich normalerweise Ärzte, Sanitäter oder einfach nur Menschen mit einigen medizinischen Grundkenntnissen um den Verletzten kümmern, sieht man im Video nur Männer, die sich um die besten Bilder von Omran reissen, der auf dem orangenen Sitz wie auf einem Präsentierteller sitzen muss. Anschließend werden noch zwei weitere Kinder in den Krankenwagen getragen, ein Mädchen und ein Junge. Von ihnen haben wir gar nichts erfahren. Nicht weil es uns vielleicht nicht interessiert hätte, sondern weil die Fotos von ihren Seitenprofilen nicht die gleichen Emotionen in uns ausgelöst hätten, wie es eben der Fall bei Omran ist.


Dass Emotionen zu unseren größten Stärken, aber auch Schwächen als Menschen gehören, haben die sogenannten "Rebellen" in Syrien längst verstanden. Sie machten und machen sich nach wie vor den Umstand zunutze, dass wir, die nicht vor Ort sind, keine Ahnung haben was sich in Syrien in Wahrheit abspielt. Sie wissen auch sehr gut, dass der syrische Präsident Bashar al-Assad von den westlichen Regierungen und Medien von Anfang an als Schlächter, Diktator oder Gewaltherrscher stigmatisiert wurde, so dass die sogenannten "Rebellen" nichts anderes als die "Guten" in diesem Krieg sein können. Natürlich wurden irgendwelche fehlgeleiteten Versuche unternommen, um diese "Rebellen" noch in "moderat" oder nicht zu unterteilen.

Wir wollen eben in das Gute glauben. Fans der US-Kultserie aus den 1990er "Akte X: Die unheimlichen Fälle des FBI" erinnern sich bestimmt noch an das Poster im Büro des ebenso an nicht zu fassende Phänomene glaubenden Fox Mulder, auf dem ein UFO und der prägende Satz "I want to believe" zu sehen war. "Ich möchte glauben"; dieser Satz beschreibt im Grunde perfekt unseren aufrichtigen Wunsch, den Krieg in Syrien (oder Ukraine, Irak, Jemen, etc.) zu verstehen, mit den Menschen dort Anteil zu nehmen und uns vielleicht noch darüber Gedanken zu machen, wie man selbst etwas tun könnte. Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst war es, die mit einem Appell an ihr Volk, Flüchtlinge aus Syrien freundlich aufzunehmen, genau diese Emotion bediente. Endlich konnten wir, die täglich nur die schrecklichen Bilder aus Syrien im Fernsehen, in den Zeitungen oder im Internet zu sehen bekamen und dem Vorwurf der sogenannten "Rebellen" ausgeliefert waren, nichts gegen Assad zu unternehmen, unser gutes Herz zeigen. Schnell mussten wir aber lernen, dass uns angesichts der Dimension der Flüchtlingswelle, nicht alles gesagt wurde.

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Mittwoch, 17. August 2016

Krim Krise: Anatomie eines Verbrechens

Das am Wochenende vom 6. August bis einschließlich 8. August auf der im Schwarzen Meer gelegenen Halbinsel Krim etwas schwerwiegendes vorgefallen ist, scheint nach fast einwöchigem internationalen Tauziehen festzustehen. Die Frage, was genau vorgefallen ist, spielt im Nachhinein gar nicht mal mehr so eine dominante Rolle wie die, was daraus gemacht wurde und was man noch machen wird.

Nur weil der exakte Hergang des Zwischenfalls auf der Krim keine dominante Rolle in der weiteren Entwicklung der Krise einnimmt, bedeutet es nicht, dass es ganz und gar unrelevant ist, was sich auf auf dieser strategisch so wichtigen, und nach einer Abstimmung im März 2014 zur russischen Föderation aufgenommenen Halbinsel, ereignet hat.

Fangen wir also mit dem Offensichtlichen an; den offiziellen Erklärungen.

Am 10. August 2016, einem Mittwochnachmittag, veröffentlicht der russische Geheimdienst (FSB) eine explosive Presseerklärung, in der von einem vereitelten "Terrorangriff" auf die Krim die Rede ist, der von der "Geheimdienstabteilung des ukrainischen Verteidigungsministerium vorbereitet wurde". Gemäß dieser Erklärung deckte der Geheimdienst eine Terrorzelle auf, die in der Nacht vom 6. August auf den 7. August ausgehoben wurde. In dem daraus resultierenden Gefecht, soll ein FSB-Agent getötet worden sein. Nach der erfolgten Aushebung der Terrorzelle, fanden die Beamten "improvisierte Sprengstoffvorrichtungen mit einer Kapazität von 40 Kilogramm TNT, Munition und spezielle Zünder, gewöhnliche Tretminen und Seeminen, sowie Granaten und Spezialwaffen, die zur Ausstattung von Sondereinheiten der ukrainischen Armee gehören". Damit nicht genug. In der Nacht auf den 8. August, also einen Tag nach der Aushebung der Terrorzelle, soll es laut dieser Presseerklärung zu einem doppelten Versuch von ukrainischen Sondereinheiten gekommen sein, die Grenze zur Krim zu durchbrechen. Unterstützung sollen sie dabei von ukrainischer Artillerie erhalten haben, die von ukrainischer Seite auf die Krim geschossen haben. Bei der Verteidigung dieses ukrainisches Vorstoßes soll es erneut zu einem Todesopfer auf russischer Seite gekommen sein.

Am selben Tag der Presseerklärung des russischen Geheimdienstes, meldete sich auch Präsident Wladimir Putin zu Wort. Und das nicht in einer gesonderten Pressekonferenz, sondern während der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem zu Besuch weilenden Präsidenten aus Armenien, Serge Sargisian. Wer sich schon mal einen gut vorbereiteten Auftritt von Putin im Fernsehen angesehen hat, wird wissen, dass seine Reden klar, bestimmt und frei von jeglichen inneren Kämpfen sind. Diese Erklärung von Putin aber, an der Seite des armenischen Präsidenten, war genau das Gegenteil dessen. Er wirkte bedrückt, ja schon fast resigniert und rang nach Worten um das zu Beschreiben, was in den Tagen davor geschehen ist.
"Der Versuch, Gewalt und Konflikt zu provozieren, kann nur dazu dienen, die öffentliche Aufmerksamkeit von jenen abzulenken, die die Macht in Kiew an sich gerissen haben und sie noch immer usurpieren, und weiterhin ihr eigenes Volk bestehlen. Sie spielen gefährliche Spiele um so lange wie möglich an der Macht bleiben zu können, und so viel wie möglich zu stehlen. ... Natürlich werden wir alles unternehmen was in unserer Macht steht, um die Sicherheit der Infrastruktur und Bürger zu gewährleisten, (wir) werden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen unternehmen. Und ich meine ernsthafte zusätzliche Maßnahmen. Technische und andere. Aber das Wichtigste ist, dass jene (westliche Regierungen) die die gegenwärtige Behörde in Kiew unterstützen, sich entscheiden müssen: was wollen sie? Wollen sie, dass ihre Stellvertreter weiterhin versuchen, uns zu provozieren? Oder wollen sie noch immer ein richtiges Friedensabkommen? Und wenn sie es nach wie vor wollen, hoffe ich inständig, dass sie endlich konkrete Schritte einleiten, um den nötigen Druck auf die gegenwärtige Regierung in Kiew auszuüben."   
 Soweit die russische Seite vom Mittwoch, 10. August 2016.

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Freitag, 12. August 2016

Wenn das Volk - demos - zum Problem wird

Der sogenannte Brexit, das Referendum in Großbritannien zur Frage ob die Briten in der Europäischen Union bleiben wollen oder nicht, beschäftigt uns schon seit Monaten. Was für nicht möglich gehalten wurde, ist eingetreten. Die Briten stimmten mit einer knappen Mehrheit von 51.9% für den Ausstieg. Nach dem ersten Schock gingen die EU-Regierungen und deren Medien, getreu dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung", auch in den Angriff über. Es musste schließlich jemand schuld an dem Schlamassel sein. Natürlich war es nicht die Zeit der Selbstreflektion über etwaige Fehler auf Seiten der EU, sondern es war von vornherein klar, dass der Schuldige irgendwo im Vereinigten Königreich auf der Insel zu suchen und zu finden ist.

Als erste Reaktion auf der Suche nach dem Schuldigen, scheint man das Wahlvolk selbst ausfindig gemacht zu haben. Erst recht als bekannt wurde, dass am Abend des Wahltages bei Google eine 250 Prozentige Steigerung nach der Frage "Was passiert, wenn Großbritannien die EU verlässt" registriert wurde. Oder die Aufmachung in der Washington Post: "The British Are Frantically Googling What The E.U Is, Hours After Voting (Die Briten googeln krampfhaft Stunden nach der Wahl was die EU ist). Was zunächst nach einer sensationell grossen Steigerung der Suchbegriffe aussieht, ist wie bei jeder anderen veröffentlichten Statistik das Problem, dass man eigentlich nur das gewünschte Resultat kennt. Man weiss nichts über die ausgehenden Zahlen, vom statistischen Median, aus welchen Quellen sich dieser Median überhaupt zusammensetzt und ob diese Quellen überhaupt zuverlässig und/oder korrekt sind.

Dieser Frage ging auch Steve Patterson nach und untersuchte die Sensationsmeldung der "krampfhaften Suche" auf Google nach "Was ist die EU". Das Ergebnis dieser Untersuchung fiel äußerst nüchtern aus: im gesamten Monat Mai wurde die Frage "Was passiert, wenn Großbritannien die EU verlässt" nur 1300 Mal auf Google eingegeben. Auf den einzelnen Tag heruntergebrochen also nur 43 Eingaben, in ganz Großbritannien. Wenn dann laut dem Bericht in der Washington Times die Rede von einem "dreifachen Anstieg" des Suchbegriffes nach der Wahl ist, dann suchten an diesem Abend ganze 130 Personen (unabhängig des Alters) in Großbritannien nach einer Antwort auf diese Frage!

Der medial aufgebauschte Versuch, den Briten Dummheit aufgrund des Abstimmungsergebnisses zu unterstellen, scheiterte schnell. Ulrich Reitz, Chefredakteur des FOCUS Magazins, ging daher einen anderen Weg. Er stellte die Basis der Demokratie in Frage, indem er sie als "undemokratisch" bezeichnete: "Die britische Abstimmung ist eine Farce, ganz und gar undemokratisch, sie pervertiert den Volkswillen!"





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