Dienstag, 30. Januar 2018

Was Sigmar Gabriel in der Ukraine verpasst hat

Während seines Ukraine Besuches Anfang Januar, wollte sich Bundesaussenminister Sigmar Gabriel eigentlich auch selbst ein Bild von der Front machen. Geplant war die Frontbesichtigung irgendwo in der Nähe von Mariupol, dem Zentrum der griechischen Kultur im Donbass. Mariupol, was auf griechisch die "Stadt Marias" bedeutet, liegt am Asowschen Meer und an der Mündung des Flusses Kalmius, der sich durch die selbsternannte "Volksrepublik Donezk" schlängelt und mitten durch die Hauptstadt der Volksrepublik verläuft. Als Wasserspender für die Region kommt dem Fluss eine zentrale und strategische Rolle zu, da die Sommer sehr heiss und trocken sind.

Wo und mit wem genau sich Aussenminister Gabriel treffen wollte, ist nicht bekannt. Es ist nicht auszuschliessen, dass er die Tour zusammen mit dem Neonazistischen Asow-Bataillon unternommen hätte, welches Mariupol fest in ihrem Griff hält. Nicht dass er der erste westliche Besucher bei Asow wäre. Die amerikanischen Senatoren John McCain und Lindsay Graham waren schon da, NATO-Offiziere lassen sich gerne die Situation vor Ort von Asow-Vertretern erklären und schütteln ihnen lachend die Hände, nichtsahnend - oder einfach ignorierend, das weiss man nicht so genau -, dass diese Leute denen sie die Hände schütteln, der gleichen Ideologie anhängen, die von ihren eigenen Vätern und Grossvätern vor über siebzig Jahren in Europa bekämpft wurde. Aber ein Besuch von einem deutschen Bundesaussenminister bei Asow, das hätte eine ganz andere Qualität. Nicht nur weil er der erste Staatsmann wäre, sondern ein deutscher Staatsmann! Es wäre ein Verrat an der gesamten Geschichte und Politik der Nachkriegsjahre der Bundesrepublik Deutschland, wenn ein Bundesaussenminister und Vizekanzler die Hände von Nazis in der Ukraine schüttelt.

Da ich selbst leider nicht nach Mariupol reisen darf, ohne mich der Gefahr einer Verhaftung und vielleicht noch Schlimmerem auszusetzen, blieb mir nichts anderes übrig, als die Front in der Nähe von Mariupol von der anderen Seite zu besuchen. Gut, es war wirklich sehr neblig für einen Helikopterflug, wie ihn die Herren Gabriel und Klimkin unternehmen wollten. Aber das Fussvolk bewegt sich nun mal nicht mit Helikoptern, sondern mit Fahrzeugen, von denen wohl ein Grossteil nicht auf deutschen Strassen zugelassen wäre. Trotzdem versprühen diese alten Ladas und Wolgas neben den moderneren Autos einen nostalgischen Charme, der mit dem Geruch von echtem Kaminfeuer noch weiter verstärkt wird. Für die Grünen käme dieses Erlebnis vermutlich einem Horrortrip gleich, aber für die Menschen in den Dörfern ist es die einzige Möglichkeit, ihre Häuser und Familien warm zu halten.

Bild von Zlatko Percinic / Auf dem Weg in Richtung Mariupol


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